Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,
sehr geehrte Damen und Herren,
das
Jahr 2020 wird uns allen wohl anders in Erinnerung bleiben, als wir uns das im letzten Jahr vorgestellt haben.
Die solide, fristgerechte Aufstellung und transparente Aufbereitung des Haushalts ist schon in „normalen“ Jahren alles andere, als eine Selbstverständlichkeit. Wenn man dann noch als Kämmerer
neu im Amt ist und sich kurz nach Amtsantritt mit einer nie dagewesenen Pandemie auseinandersetzen muss, dann gebührt für die geleistete Arbeit
allen Beteiligten ein besonderer Respekt und Dank!
Corona-Pandemie
Bundesregierung, Landesregierung, Main-Taunus-Kreis und die Stadt Eschborn haben Programme aufgelegt und Maßnahmen ergriffen, um die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Pandemie
abzufedern. Dabei gilt es, Maßnahmen und Programme
aufeinander abzustimmen und gezielt zu helfen.
Gleich mehrere Fraktionen sahen es ebenso wie wir als gut und richtig an, Eschborns Zuschuss für die Schwalbacher Tafel im nächsten Jahr von 10.000 EUR auf 30.000 EUR zu erhöhen. Gerade in
diesen Zeiten sind solche Hilfen wichtig, schlimm genug, dass es sie braucht.
Durch die Corona-Maßnahmen sind viele Familien und Partnerschaften aktuell starkbelast etc.
Dadurch kann es öfter zu häuslicher Gewalt kommen. Mit der Aufstockung des Zuschusses an den Verein „Frauen helfen Frauen“, der auch Träger des auch für Eschborn zuständigen Frauenhauses in
Hofheim ist, wollen wir auch in diesem Bereich zumindest finanziell helfen.
Die Budgets für Hanna*s Dienste und den Besuchsdienst „Engel auf Rädern“ wollen wir für das nächste Jahr auf jeweils 30.000 EUR erhöhen, damit diese ihre für Seniorinnen und Senioren
wichtigen Leistungen auch unter erschwerten Corona-Bedingungen gut und sicher erbringen können.
Gerne hätten wir auch die Budgets der Schulsozialarbeit – für Einzelfallhilfen – und der Kinder- und Jugendarbeit um knapp 17.000 Euro aufgestockt, doch die übrigen Fraktionen sahen hierfür –
mit Ausnahme der CDU-Fraktion, die zumindest einem unserer beiden Anträge zugestimmt hat, keinen Bedarf.
Digitalisierung
Die Corona-Krise macht auch deutlich, was in Sachen „Digitalisierung“ alles verschlafen wurde. Sie hat außerdem mancherorts schmerzhaft bewiesen, dass ein schneller Internetzugang kein Luxus
ist, sondern zur wichtigen und zentralen Infrastruktur gehört.
Bei einem kommunalen und steuerfinanzierten Haushalt muss die Digitalisierung den Menschen in Eschborn dienen und ist kein Selbstzweck.
Wir GRÜNE setzen uns daher für die Schaffung eines digitalen Bürgerbüros ein, damit Behördengänge auch online möglich werden. Das ist nur mit schnellem Internetzugang, aktueller – und
sicherer – Software und einer zeitgemäßen IT-Ausstattung machbar. Der vorliegende Haushalt enthält dafür notwendige Mittel und auch der heute noch zu beschließende Beitritt der Stadt Eschborn
zum Kommunalen Gebietsrechenzentrum Hessen
(ekom21) ist ein wichtiger Schritt in die auch von uns befürwortete Richtung.
Als GRÜNE setzen wir uns darüber hinaus dafür ein, dass die benötigte Energie zu 100% aus Ökostrom kommt.
Klimaschutz, Ökonomie und Ökologie
Klimaschutz, Ökonomie und Ökologie sind die tragenden Säulen für die Zukunft. Sie stehen nicht in Konkurrenz zueinander, sondern sichern gemeinsam Wohlstand und Lebensqualität – auch für
nachfolgende Generationen.
Wenn wir heute die Welt von morgen retten wollen, dann müssen Klimaschutz, Ökonomie und Ökologie mindestens gleichberechtigt nebeneinander stehen. Dann müssen wir nach der Devise handeln
„Ökonomie, Klimaschutz UND Ökologie“ oder besser noch „Ökonomie nur mit Ökologie und Klimaschutz“.
Bei Bau- und Infrastrukturvorhaben müssen Klimaschutz, Ökologie und Nachhaltigkeit von der ersten Planung bis zur Abnahme ein integraler Bestandteil sein.
Die Auswirkungen der Klimakrise sind auch in Eschborn immer stärker zu spüren.
Trockenheit und Hitze sind und bleiben eine Herausforderung – nicht nur für die Landwirtschaft. Ein “Weiter so” ist keine Option. Wir wollen handeln, mit einem Haushalt, der die Zukunft im
Blick hat.
Wir GRÜNE sind überzeugt: Eschborn kann mehr Klimaschutz, Eschborn braucht mehr aktiven Klimaschutz und der Klimaschutz braucht mehr Tempo.
In Eschborn gibt es viele Flächen, die für die Nutzung von Solarenergie in Frage kommen oder bereits genutzt werden. Wir GRÜNE wollen diese Möglichkeiten in Eschborn signifikant stärker
nutzen und durch entsprechende Förderprogramme finanziell unterstützen.
Wir konnten erreichen, dass die Fördersumme für Klimaschutzmaßnahmen Eschborner Bürgerinnen und Bürger um 80.000 Euro auf dann insgesamt 400.000 Euro aufgestockt werden. Gerne hätten wir den
Fördertopf im nächsten Jahr auch mit insgesamt 500.000
Euro gefüllt, doch gab es für diesen Antrag nicht die nötige Mehrheit.
Überzeugen konnten wir auch mit unseren Anträgen, 400.000 Euro für zusätzliche Solaranlagen auf öffentlichen Gebäuden und 50.000 Euro für mehr öffentliche Lademöglichkeiten für
Elektrofahrzeuge in Eschborn und Niederhöchstadt bereitzustellen.
Klimafreundliche Mobilität
Im vierten Jahr in Folge haben wir auch in diesem Jahr beantragt, die Stadt Eschborn möge mit dem RMV verhandeln, dass die Frankfurter Tarifzone auf alle drei Eschborner Bahnhöfe ausgedehnt
wird. Dass es ausschließlich die CDU ist, die diesem sozialökologischen und klimafreundlichen Ansatz folgt, ist enttäuschend.
Erfolgreich war unser Antrag, das Förderbudget für Lastenräder aufzustocken. Statt 24.000 EUR stehen im kommenden Jahr hierfür immerhin 64.000 EUR zur Verfügung. Da wir Lastenräder für eine
gute und umweltfreundliche Lösung im Bereich Nahmobilität sehen,
hätten wir uns zwar eine etwas großzügigere Aufstockung vorstellen können, verstehen jedoch auch, wenn man hier erst einmal Erfahrungen sammeln möchte. Auch hier bleiben wir dran.
Für das Projekt „Süd-Ost-Verbindung“ fordern wir einen neuen und zukunftsorientierten Ansatz. Die vorliegenden Planungen sind als veraltet abzulehnen, denn die Zukunft der Büroarbeit liegt im
mobilen Arbeiten und Home-Office. Darauf mit Uralt-Ansätzen zu reagieren ist der falsche Weg.
Bäume und Grün sind das stärkste Instrument in der Stadtklimatologie und es muss mehr für ein lebendiges Grün und die Vielfalt heimischer Tier- und Pflanzenarten getan werden.
Eschborn ist hier zwar schon seit ein paar Jahren auf einem guten Weg, zuletzt jedoch mit wenig Sichtbarem. Gleichzeitig wissen viele Kinder und auch manche Erwachsene nicht mehr, wie Gemüse,
Salat und Früchte angebaut werden.
Hier sollen mit einem „Grünen-Klassenzimmer“ und mit einem an die Idee des „UrbanGardening“ angelehntem „Eschborner Stadtgarten-Projekt“ auf dem Gelände der ehemaligen Baumschule Christensen
neue Angebote geschaffen werden. Der gemeinsame Antrag von Grünen, SPD und CDU schafft hierfür auch finanziell die nötigen Voraussetzungen.
Stadtentwicklung – Heute an morgen denken
Für das uns an Herzen liegende Projekt „Alte Mühle“ wird im kommenden Jahr nur ein Teil des insgesamt veranschlagten Budgets benötigt. Nach Rücksprache mit der Verwaltung und Beratung im HFA
haben wir daher beantragt, den Ansatz für das kommende Jahr um 2 Millionen Euro zu reduzieren und für die Haushaltsjahre 2022 und 2023 einzuplanen.
Wir GRÜNE sind überzeugt, dass sich Investitionen zur Senkung der CO2-Emissionen auch wirtschaftlich auszahlen. Klimaschutz wird zunehmend zu einem wichtigen Wettbewerbs- und Standortfaktor.
Hier sehen wir für Eschborns Wirtschaftsförderung die Chance, Unternehmen und Betriebe als Partner bei der Energiewende zu gewinnen und neue Unternehmen in Eschborn anzusiedeln.
Wir wollen Eschborns Gewerbegebiete und die in ihnen ansässigen Unternehmen durch attraktive Rahmenbedingungen und eine gute Infrastruktur unterstützen und zukunftsfähig ausrichten,
beispielsweise durch ein attraktives Umfeld für Start-Ups und Kleinunternehmen.
Wir GRÜNEN streben die Modernisierung des Gewerbegebiets Süd an und wollen prüfen, inwieweit sich das bisher reine Gewerbegebiet sinnvoll in ein Mischgebiet entwickeln lässt, in dem die
Aufenthalts- und Lebensqualität auch nach Büroschluss steigt und auch eine Wohnbebauung – beispielsweise in Form eines Studierendenhauses – möglich ist.
Unsere Anträge auf Einstellung der für eine Prüfung und Konzeptentwicklung notwendigen Mittel wurden für beide Vorhaben zwar mehrheitlich abgelehnt, doch bleiben wir bei diesem Thema gewohnt
hartnäckig und engagiert am Ball.
Unser Fazit zu diesem Haushalt: Eschborns neuer Bürgermeister und Kämmerer hat im ersten Jahr seiner Amtszeit und unter angesichts der Corona-Pandemie schwierigen Rahmenbedingungen einen
Haushaltsentwurf vorgelegt, der schon viele wichtige Investitionen in die Zukunft unserer Stadt und ein paar erste kleine Schritte in Richtung auf ein umweltfreundliches, nachhaltiges und
CO²-neutrales Eschborn enthält. Das erkennen wir an und stimmen diesem Haushalt auch zu.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Es gilt das gesprochene Wort)